Donnerstag, 24. Januar 2013

Westküste - Angelus Hut - Nelson

…Teil 2 meiner Trekking-Reise mit Matt. 

Nach unserer ersten „Overnight“-Campingtour war ich ziemlich froh, dass an den kommenden Tagen nur Tagesrouten anstanden. So ging es über den Haast Pass an die Westküste der Südinsel, wo sich nun auch endlich die Flora und Fauna etwas änderte – nun wirkt es nicht mehr ganz wie Österreich sondern ähnelt der Great Ocean Road (Australien), Teilen Thailands oder dem Schwarzwald :) Doch einige Besonderheiten hat Neuseeland doch zu bieten, was mir in den nächsten Tagen deutlich wurde…

Immer mal wieder halten wir an. Entweder um unsere Sachen von der Vornacht zu trocknen, da es so gut wie jede Nacht regnet; um ein erfrischendes „Bad“ in den Blue Pools zu nehmen oder wie 100 andere Backpacker und Touristen am gleichen Aussichtspunkt zu stoppen um einen gigantischen Ausblick aufs Meer zu erhaschen. 

Und täglich die gleichen Rituale…Zelt aufbauen, Essen kochen (oder nur Brote schmieren), 100 Sandflies im Zelt umbringen, so viel Kleidung wie möglich übereinander anziehen, unruhig die Nacht überstehen ohne zu erfrieren, total verschlafen alles ins Auto packen, nächsten Rastplatz ohne Sandflies aufsuchen, alles ausbreiten zum Trocknen, Frühstücken (Müsliriegel oder Weetbix), Katzenwäsche am Fluss und erneut die Wanderstiefel schnüren.

Auf der „Neuseeland-to-Do-Liste“ standen natürlich auch die beiden Gletscher Fox und Franz-Joseph. Vom Sammelparkplatz immer nur wenige Kilometer entfernt kann man die große Eismasse bewundern und erneut seine Speicherkarte der Kamera füllen. Doch irgendwie erstaunt mich eher das ganze drum herum. Die tausenden Menschen die täglich hierher pilgern, sämtliche Angebote im Ort die eigentlich gar nichts mit dem Gletscher zu tun haben – Mountain-Bike-Verleih am Gletscher, Reiten am Gletscher, Essen am Gletscher, Wellness am Gletscher, Pinkeln am Gletscher…aus allem wird hier Geld gemacht – am meisten natürlich mit den endlos überteuerten Rundflügen.
Uns reicht ein kurzer Blick und wir machen uns auf den Rückweg zum Parkplatz. Finden dabei ein paar Einsberge die im Fluss wegschwimmen und sind erstaunt, wie viel Eismasse in den letzten Jahren schon verschwunden ist. 

Und nun will mir Matt noch etwas Besonderes zeigen. Nur 20km vom Fox Glacier entfernt soll es einen Strand geben, von dem man einen wunderbaren Blick auf die Skigebiete haben soll. Also Strand – Wald – Berge mit Schnee…alles in einem Foto! Also nichts wie los zum Gillipsie Beach. Die Überraschung kam dann beim Aussteigen :( Leider hat der Wettergott heute nicht seinen besten Tag, sodass es gegen 3 Uhr ziemlich düster wird, zu regnen beginnt und der Wind einem jedem Atem nimmt (aber schaut einfach mal ins Video!) So ist es nun leider auch nicht möglich auch nur irgendeinen Berg in der Ferne zu sehen, da sich die Sicht auf 100m verringert. Mist…
                                     
Als Entschädigung gibt’s also ne Heiße Schokolade und wir fahren weiter um unser Zelt in Franz-Joseph aufzubauen. Es folgt eine der kältesten Nächte, sodass ich gegen 4 Uhr aufgebe und ins benachbarte Hostel im Eingangsbereich auf die Couch flüchte. Als Zudecke dient ein Sitzsack und der Wecker wird auch 6:30Uhr gestellt um ja nicht für allzu viel Aufregung zu sorgen.
Nun kann es ja nur noch besser werden und das wurde es Gott sei Dank auch! 

Die nächsten Punkte waren Hokitika, Greymouth, das kleine Örtchen Blackball, Pancake Rocks und eine kleine deutsche Kneipe/Pizzeria mitten im Nirgendwo.

Hokitika: Nur ein kurzer Zwischenstopp – Planänderung da die Wettervorhersage nichts Gutes verheißt, also wird die Trekkingtour am Arthur’s Pass entfallen. Auch nicht schlecht, da ich meine müden Beine noch etwas ausruhen kann.

Greymouth: Auch nicht der Rede wert – viele Backpacker die am Straßenrand mitgenommen werden wollen. Wir tanken und füllen Essensvorräte auf und lassen die größte Stadt der Westküste (9000 Einwohner) hinter uns. 

Blackball: nicht weit von Greymouth entfernt, etwas versteckt im Hinterland und ich würde mal schätzen 50 Einwohner. Trotzdem sehr bekannt durch das Hilton Hotel. Nein nicht der “Hotelriese“…und da beginnt auch die Geschichte. Aus irgendeinem Grund haben es die Besitzer Hilton genannt, bis es die Luxuskette herausgefunden hat – nun heißt es „Formerly Blackball Hilton“. Alles ein bisschen seltsam, wie das Hotel selbst. Wer den Film „Rocky Horror Picture Show“ kennt, der kann sich ungefähr die Einrichtung und das Ambiente denken…wir belassen es bei einem Bierchen und fassen die „Verkleidungskisten“ erst gar nicht an. Ein weiterer Punkt in Blackball ist die bekannte Salami – hier gibt es eine der besten Metzgereien Landesweit und auch wir decken uns mit etwas Proviant ein. 
                                                   
Pancake Rocks: auf jeden Fall einen Stopp wert – fast besser als die 12 Apostel an der Great Ocean Road. Felsformationen die wie tausend geschichtete Eierkuchen aussehen. Durch die Wassergewalt wurden außerdem Höhlen geformt durch die das Wasser nach oben gedrückt wird, was letztendlich wie ein Schlot wirkt. Bei jeder großen Welle gibt es also eine kostenlose Dusche für die Besucher. Auch ist es nicht ganz so überlaufen und man kann in alle Ruhe das Naturspektakel beobachten…

Zu guter Letzt unsere Unterkunft an diesem Tag…klar, es war wieder das Zelt nur erinnerte der Campingplatz an einen Schrebergarten im Großraum von Berlin. Kein Wunder, die Besitzer waren Auswanderer aus der ehemaligen DDR sodass auch ein Bild von Erich Honecker einen Platz an ihrer Theke fand. Neben sämtlichen deutschen Biersorten und leckerem Pflaumenkuchen lockt Jack’s Campground jedoch mit frischgebackenen Pizzen. Endlich mal wieder ein gutes Abendessen an einem Tisch bei mehr als 10° und ohne Fliegen. :)

Weiter ging’s Richtung Norden – Endstation Karamea. Ja, die Straße endet hier und nur ein kleiner Schotterweg bringt uns zum nächsten Campingplatz. Doch auf dem Weg dorthin gab es einen kulturellen Stopp in Denniston – einer alten Kohleabbausiedlung hoch oben auf einem Berg (definitiv sehenswert!!!),  eine Kaffeepause in Westport einer weiteren "Großstadt" :) und einer 26km langen „Achterbahnfahrt“ im schönen Nissan bei der mir ziemlich übel wurde.

Am Kohaihai Campingplatz kam es wieder zu den täglichen Ritualen. Hier nun einmal das Rezept zum Nachkochen: Dose „Baked Beans in Tomato Sauce“ öffnen, etwas Wurst und eine halbe Möhre klein schneiden, alles gut erhitzen, umrühren nicht vergessen und später gerecht für 2 Personen aufteilen. Als Beilage kann man wahlweise eine Scheibe Toastbrot oder Wasser frisch vom Hahn reichen.
Auch das Wetter war an diesem Abend mal wieder nicht auf unserer Seite, sodass ich mich entschloss nun eine Nacht im Auto zu verbringen. Zwar nicht das gemütlichste, doch etwas wärmer.

Viel Zeit bleibt nun aber nicht mehr, bis sich Matts und meine Wege trennen, also planen wir eine letzte „Overnight“-Trekkingtour. Nelson Lakes steht auf dem Programm. Auf dem Rückweg zur Hauptstraße biegen wir noch einmal fix ab um das Oparara Arch zu bewundern – ein weiteres Naturphänomen. Der Fluss der zu der Kalkstein-„Brücke“ führt erinnert sehr an frisch gebrautes Bier – bräunlicher Glanz und ne Menge Schaum :)

Doch dann führte uns der Weg zurück nach Westport, entlang am Buller River durch Murchison direkt nach St. Arnaud. Auto geparkt, Sachen umgepackt, noch ein letztes Mal eine Toilette benutzt und auf geht’s – 3 Tage Camping in der Wildnis mit dem Ziel ins eiskalte Wasser am Angelus Hut zu springen. Mit mehr ca. 15kg Gepäck auf dem Rücken folgte ich Matt durchs Speargrass Valley. 
Schon nach 40m rutsche ich etwas den Hang hinunter – erste Wunde, weiter geht’s im Laufschritt. Es wird ein gutes Tempo durchgezogen, schweißgebadet und ohne viele Wortwechsel geht’s es steile Waldwege hoch, einige Kilometer weiter wieder runter, durch ein paar Bäche mit zu einem größeren Fluss. Tja…die Brücke ist leider vor wenigen Tagen von der Wasserkraft weggespült worden…egal! Also nichts wie durch, knietief im Wasser und mit schweren Schuhen weiter durchs Sumpfgebiet. Es heißt auch nicht ohne Grund „Speargrass“ – die wuchernden Pflanzen haben schöne scharfe Kanten :( Doch das war nicht alles für die erste Etappe. Nach nun patschnassen Füßen galt es ein Matschloch zu durchqueren. Die ersten Meter auch alles kein Problem…nur war mein Gepäck wohl doch etwas zu schwer, sodass ich nach 10m bis zum Oberschenkel im Schlamm versunken war. Nun hatte ich also das komplette Beautyprogramm hinter mir und freute mich komischerweise auf ein Bad im eiskalten Fluss gleich neben unserem Zeltplatz – wieder einmal mitten zwischen Sträuchern auf etwas unebenem Untergrund auf ca. 1200m Höhe.
Und ja…5°C Wassertemperatur können verdammt kalt sein :) Zur Aufwärmung schürten wir also ein kleines Lagerfeuer und belohnten uns mit Marshmallows und Stockbrot – einfach genial! Das richtige Abendbrot kam natürlich wieder aus der Dose. Fix noch die schlammverschmierte Kleidung und Schuhe gewaschen und nichts wie ab ins Zelt. Das war dann auch eindeutig die kälteste Nacht meiner ganzen Reise. Ziemlich genau an die Null Grad – warum ich das so genau weiß? Ganz einfach unsere Schuhe waren am Morgen eingefroren, sodass wir sie im kalten Fluss auftauen mussten um auch nur einige Meter weiter zu kommen – der Sonne entgegen auf den Mt. Angelus. Die „Wanderwege“, wenn man steile Steinhänge überhaupt als Weg bezeichnen kann, wurden nicht einfacher. Bis auf 1800m ging es an diesem Tag bei bestem Sonnenschein. Und alle Anstrengungen lohnten sich – durch den wolkenfreien Himmel erstreckte sich die Sicht auf hunderte Kilometer und die klaren Bergseen luden einfach nur zum reinspringen ein. Kälter als der Fluss am Abend zuvor konnte es ja nicht mehr werden. Als Beweis für meinen „Mut“ gibt es natürlich auch ein Video :)

Nach einigen Tagen bergauf bergab bin ich nun auch wieder fast in alter Form und kann Matt mühelos folgen – zwar war der Abstieg zu unserm Zeltplatz nicht gerade leichter doch ich hab den Spaß an solchen Ausflügen gefunden. Ein erneutes Lagerfeuer, ein längeres Bad im Fluss zum Abschied, erneut eine eiskalte Nacht und der komplette Rückweg zum Parkplatz in Rekordtempo. Ich bin mächtig stolz auf mich nach dieser 3 Tagestour nicht wirklich erschöpft zu sein sondern ganz im Gegenteil gern noch ein Stück laufen zu wollen…

Doch unsere Tour endet bald und die letzte Nacht möchte Matt gern auf einem typischen Kiwi-Urlaub-Familien-Camping-Platz verbringen. So bekomme ich  in meiner letzten Zeltnacht nochmal das neuseeländische Familienferienfeeling mit. Wo? Am Kaiteriteri Beach in der Abel Tasman Region. Bei 28°C und Sonnenschein entspannen wir somit am Strand, positionieren unser Zelt zwischen hunderten Booten & Campervans  und ich teile mir später die Waschbecken mit 12 kleinen Mädels die brav ihre Haare kämmen und Zähnchen putzen :)


Vielleicht wundert ihr euch auch warum nun auf einmal 2 Berichte nach einander folgen und ihr lange nichts von mir gehört habt…das liegt leider an der schlechten Internetverfügbarkeit in Neuseeland :(
Doch nun hatte ich letzte Nacht ein weiches Bett und extrem nette Gastgeber – Freunde von Matt – Jen und Ron! Bei leckerem Essen, gutem Wein und lustigen Gesprächen über das Zutzeln von deutschen Weißwürschtchen konnte ich es mir gut gehen lassen und  bedanke ich mich hiermit nochmal für das „All-inklusive-Paket“. Danke auch an Matt, meinen Reiseleiter der letzten Tage! 


GESCHAFFT – im wahrsten Sinne des Wortes :)



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen